
Wandelgarten zu einer privaten Galerie
Ca. 2500 Staudenarten und -sorten sind hier daheim.

„Die hohe Qualität der Materialien und die Formensprache der Architektur der Villa waren ein großer Anreiz, mit einer ebenso hohen Qualität die moderne Neugestaltung zu realisieren.”

BETTINA JAUGSTETTER
Diese Villa steht zusammen mit dem Herrenhaus unter Ensemble-Schutz. Doch der dazugehörige Garten war über die Jahre in einen desolaten Zustand geraten und bestand teils nur noch aus schattigem Rasen. Landschaftsarchitektin Bettina Jaugstetter machte sich zusammen mit der Auftraggeberin daran, wieder ein würdiges Grün für das denkmalgeschützte Gebäude zu schaffen. Dabei war einerseits ein sensibler Umgang mit der historischen Bausubstanz gefragt, andererseits sollte die Umgestaltung modern sein, da die Auftraggeberin zeitgenössische Kunst liebt. „Die hohe Qualität der Materialien und die Formensprache der Architektur, der Mauern und Treppen waren ein großer Anreiz, mit einer ebenso hohen Qualität die moderne Neugestaltung zu realisieren“, sagt Bettina Jaugstetter. Nun gliedert sich der Garten in einen repräsentativen Eingangsbereich, der im Erdgeschoss von einer Stiftung genutzt wird, und in einen „Wandelgarten“ zu einer überwiegend privat genutzten Galerie. In der nach Norden ausgerichteten Zufahrt wurde ein individuell gestalteter Carport in Zusammenarbeit mit Peter Koller aus Weinheim errichtet. „Diese Konstruktion aus mattbraunem Profilstahl fügt sich selbstbewusst und dennoch sensibel in das bestehende Ensemble ein. Sie ist genau auf die Fassaden- und Mauerfarbe der Villa abgestimmt“, sagt Bettina Jaugstetter. Damit kein Angstraum entsteht, ist der Raum von innen angenehm beleuchtet. Natursteinbeläge aus Jurakalk verbinden die bestehenden Mauern und Treppen mit dem passgenau eingefügten Carport. Die Konstruktion kann aber auch als Ausstellungsfläche für Skulpturen genutzt werden. In Kontrast zum kühlen Material macht sich auf dem Dach Leben breit: Schnittlauch (Allium schoenoprassum) und schattentolerante Sedum-Arten ziehen Insekten an und bringen mit ihren Blüten Farbe auf den mattbraunen Stahl. Von der Terrasse am Haus gelangt man auf den nach Südwesten ausgerichteten Wandelgarten hinter der Villa, von dem man zum nahen Hermannshof blickt. Ein Weg aus Haardter-Sandstein-Platten führt auf eine Polyeder-Skulptur aus Bronze zu, welche die Weinheimer Künstlerin Loraine Heil eigens für den Villengarten anfertigte. Die Bronze-Skulptur lässt sich drehen und verändert sich dabei, je nach Lichteinfall. Sie wird von zwei Rispenhortensien (Hydrangea paniculata) wirkungsvoll flankiert. In den Plattenfugen breitet sich wohlriechender Orangen-Thymian (Thymus vulgaris ssp. fragrantissimus) aus und verströmt an warmen Tagen sein fruchtiges Aroma. Eine halbrund geformte Sitzmauer fängt den Hang zum ehemaligen Eiskeller der Villa ab und lädt gleichzeitig zum Verweilen ein. Wer auf dem Mäuerchen Platz nimmt, lauscht dem leisen Plätschern des Brunnens, betrachtet die Farbkomposition aus Blüten im Beet zu seinen Füßen und vergisst dabei die Zeit. Kaum sattsehen kann man sich an Tulpenschönheiten wie 'Queen of the Night', 'Maureen' oder 'Pink Perfection'. Das gleiche Beet wandelt sich im Herbst in ein bewegtes Gräserfeld aus duftig-leichten, goldgelben Ähren. Die lebendige Bepflanzung macht den Wechsel der Jahreszeiten und die Vielfalt der Natur erlebbar. Hier ist ein Villengarten mit sehr persönlicher Note entstanden, der zwar seinen ganz eigenen Charakter besitzt – und doch eine schöne Ergänzung zum nahen Hermannshof ist.
