Vom Dach zum Garten

Dem Nachbarn aufs Dach gestiegen

Ein Garten auf dem Dach... Was klingt wie der Beginn eines lustigen Kinderbuches wurde in Stuttgart Wirklichkeit: Große Teile dieses Gartens liegen auf dem Dach des Nachbarhauses auf.

Diesen Garten könnte man überall verorten – tatsächlich ruht er aber auf dem Dach des nachbarlichen Wohnhauses. Ein ungewöhnliches Projekt, für das Gartenplaner Andreas Käpplinger ein Konzept entwickeln durfte. Hintergrund für diese Situation ist folgender: Eine Familie, die nach langem Auslandsaufenthalt nach Stuttgart zurückkehrt, erwirbt von einer Erbengemeinschaft nur den oberen Teil eines langgezogenen Grundstücks am steilen Hang, die zweite Grundstückshälfte hangabwärts aber nicht. Die Bedingung dabei ist folgende: Sollte die untere Grundstückshälfte einmal verkauft und bebaut werden, hat die Familie das Recht, das Dach des Nachbarn zur Gestaltung ihres eigenen Gartens zu nutzen. Wegen des stark abfallenden Geländes verfügen sie bis zu diesem Zeitpunkt lediglich über eine kleine Bestandsterrasse und eine Plattenreihe, die am Haus entlang läuft. In der Folgezeit findet sich tatsächlich ein Käufer für den zweiten unteren Hangteil und der Garten kann nunmehr auf dem Dach des Neubaus entstehen.

Lage des GartensStuttgart, Baden-Württemberg
Größe des Gartens400 m²
PlanungsbüroOtto Arnold GmbH
Zum Profil
AusführungOtto Arnold GmbH
FotografieAndreas Käpplinger
Das Besondere an dem Garten ist, dass der größte Bereich auf dem Dach des nachbarlichen Neubaus ruht.

Andreas Käpplinger

Bevor jedoch aus dem Dach ein Garten wird, muss sich Andreas Käpplinger zunächst um den Dachaufbau kümmern. „Eine Schicht von 60 cm reicht für eine intensiv genutzte Dachgartenfläche aus“, erklärt der Gartenplaner. Sie setzt sich folgendermaßen zusammen: Die unterste Schicht bildet die Abdichtung (bituminös), dann folgen eine Gummischutzmatte für den mechanischen Schutz und eine Drainage-Matte für den schnellen Ablauf des Regenwassers. Daran schließt sich Lava als Trennschicht an, darauf kommt ein Vlies und als letzte Schicht das Intensiv-Substrat, in das gepflanzt wird. Auf dieser Schicht wachsen selbst Obstgehölze wie Birnen (Pyrus communis 'Williams Christbirne', 'Gellerts Butterbirne') edle Solitär- Sträucher wie die Zaubernuß (Hamamelis intermedia 'Arnold Promise') und verschiedene Hartriegel, darunter Japanischer Blumen-Hartriegel (Cornus kousa 'Satomi') sowie Chinesischer Blüten-Hartriegel (Cornus kousa chinensis). Betrachten kann man die Pflanzenschönheiten z.B. von der einladenden Holzterrasse aus, die um eine Stufe höher liegt, als das Dachgarten-Niveau. Diesen Platz schirmt ein Hochbeet mit einer Kletterrose (Rosa 'Schneewalzer') am luftdurchlässigen Holzsichtschutz dezent zum Nachbarn ab. Ein mehrstämmiger Ginkgo (Ginkgo biloba) und ein Fächer-Ahorn (Acer palmatum) begrenzen unterschiedliche Gartenbereiche. Im seitlichen Gartenteil ist Platz für ein holzverkleidetes Hochbeet mit jeder Menge Kräuter. Zitronen-Melisse (Melissa officinalis), Majoran (Origanum majoricum), Salbei (Salvia officinalis) und Rosmarin (Rosmarinus officinalis) sind eine Bereicherung für die Küche und gleichzeitig ergiebige Insektenweiden. Und sollte es den Familienmitgliedern auf dem Dach doch einmal zu heiß werden, bietet eine Außendusche mit Sprühkopf (individuelle Entwicklung aus der Autolackier- Industrie) Erfrischung von oben. Im Vorgarten begleitet ein Japanischer Fächer-Ahorn (Acer palmatum 'Fireglow') die großzügigen Stufen aus Jurakalk hinab zum Dachgarten. Statt eines steilen Hangs hat die Familie jetzt einen nahezu ebenerdigen Garten, der nutzbar ist. Dazu sitzen sie mit der „geliehenen“ Landschaft aus bewaldeten Hügeln im Hintergrund wie im Grünen.

Impressionen