
Der "geborgte" Blick in die Natur
Die Lehre von den zwei sich immer ausgleichenden Kräften lässt sich in vielen Kulturen von Naturvölkern finden: Gut und Böse, hell und dunkel, männlich und weiblich. Dieser Ausgleich zweier Gegensätze - Moderne und Natur - ist auch der Kern der Gestaltung dieses Gartens.

„Die sachliche Architektur (…) steht in einem ausgewogenen Spannungsfeld zu der üppigen, abwechslungsreichen Bepflanzung.”

Birke Hörner
Grenzen und Zäune sind unsichtbar. So erhält der Garten seinen großzügigen, parkartigen Charakter – als hätte er über viele Jahrzehnte Zeit gehabt zu wachsen. Dank dieser geschickten Einbindung in das Umfeld passen Haus und Hanggarten trotz Modernisierung und Umgestaltung in die bestehende Bebauung aus den 1960er- Jahren, fügen sich nahtlos ein in das Landschafts- und Siedlungsbild. Um den weiten, offenen Charakter des Grundstückes nicht zu zerstören, war in Sachen Sichtschutz Fingerspitzengefühl gefragt. Wie aber die Einblicke von einem stark frequentierten Fußweg verhindern, ohne dabei die Aussicht zu verderben? Birke Hörner löste das Problem, indem sie das Gelände so modellierte, dass der Fußweg von der Wohn- und Gartenebene nicht mehr zu sehen ist, der Blick auf die angrenzenden Pferdekoppeln und Wiesen aber frei bleibt. Als Vorbild für die Gestaltung des Hangs dienten ihr die artenreichen Streuobstwiesen, die ein prägender Bestandteil der Kulturlandschaft sind. Auf der Wiese stehen nun regionale Obstbaumsorten und tragen dazu bei, die Biodiversität zu erhöhen. „Dem modernen Stil des Hauses wurde eine eher wildere Pflanzung entgegengestellt. So entsteht der Eindruck, dass das Haus von der Natur umgeben ist. Der Übergang von den gebauten Elementen in die Landschaft ist fließend“, erklärt die Planerin. In Hausnähe geht die naturnahe Pflanzung schließlich in eine strukturierte Mischpflanzung über. Vor das Esszimmerfenster hat Birke Hörner eine mehrstämmige Felsenbirne gepflanzt, eines der schönsten und vielfältigsten Gehölze und ein Gewinn für jeden Garten. Untermalt wird dessen Schönheit von Stauden mit satten und warmen Blütenfarben wie Rotem Sonnenhut (Echinacea Hybride 'Tomato Soup'), Steppen-Salbei (Salvia nemorosa 'Caradonna'), Spronblume (Centranthus ruber var. coccineus) und Gräserblöcken aus Lampenputzergras (Pennisetum). Zu all der Farbkraft gesellen sich interessante Blatttexturen, die z. B. Purpurglöckchen (Heuchera villosa 'Brownies') beisteuern. Das wirkt lebendig und weich und kontrastiert mit der klaren Gestaltung der Belagsflächen und Mauern – Gegensätze, die nicht nur anziehend sind, sondern sich in ihrer Wirkung verstärken.
