Lebende Wände für ein Stadthaus
Grün, gut fürs Klima, Auge und nicht zuletzt die Ohren: Dieses Fassadengrün bietet einiges an Vorteilen!
Zum einen wirkt der Alterungsprozess bei solchen Gebäuden eher negativ, sodass die Fassade regelmäßig gestrichen werden musste. Im Garten ist dagegen Veränderung das Prinzip alles Lebendigen mit den natürlichen Prozessen von Wachstum, Alterung, Absterben und Neuaustrieb. „Wir wollten dem Haus eine unverwechselbare, grüne Identität geben, es lebendiger und vor allem nachhaltiger gestalten“, betont Marie Krebs. Also werden die Stahlelemente zurückgebaut und durch eine wandgebundene und eine bodengebundene Fassadenbegrünung ausgetauscht. Für die bodengebundene Begrünung auf der Westseite wird die sehr langsam wachsende Kletterhortensie (Hydrangea petiolaris) eingesetzt und auf der Südseite das Gold-Geißblatt (Lonicera tellmanniana). Für die wandgebundene Begrünung auf der Nord- und Westseite eignen sich u. a. Hirschzungenfarn (Asplenium scolopendrium), Balkan-Storchschnabel (Geranium macrorrhizum 'Spessart'), China-Waldgeißbart (Aruncus sinensis 'Zweiweltenkind') und Bergenie (Bergenia- Hybride 'Oeschberg'). Auf der Südseite fühlen sich Blaukissen (Aubrieta x cultorum), Cambridge-Storchschnabel (Geranium cantabrigiense 'Biokovo') und Hängepolster- Glockenblume (Campanula poschar skyana 'Blauranke') wohl. Versorgt wird der blühende Fassadenmantel mit einer automatischen Bewässerung und Düngegaben, dazu kommen noch zwei Pflegegänge im Jahr inklusive Rückschnitt. Aus dem bis dato ungenutzten Vorgarten machen die beiden Landschaftsarchitekten einen belebten Raum, der seine Doppel-Funktion als würdiges Entrée des Hauses und halb öffentlicher Bereich zum Straßenraum erfüllt. Platanen (Platanus acerifolia 'Dachform'), als Alleebäume gesetzt, beleben das Straßenbild mit immer neuen Eindrücken je nach Jahreszeit. Ihre Kronen bilden ein horizontales Dach, das die Bandstruktur der Fassadenbegrünung aufnimmt. Man fragt sich, warum nicht viel mehr Fassaden und Vorgärten so gestaltet werden. Es liegt wohl an den vielen Vorurteilen, die gegenüber den grünen Gebäudehüllen existieren. Etwa die Angst, Pflanzen könnten die Fassade zerstören, was lediglich für Wurzelklimmer gilt, wenn sie in eine vorgeschädigte Wand eindringen. Oder die Angst vor Schmutz – obwohl Pflanzen ja alles andere als „schmutzig“ sind. Was eine Fassade auf Dauer dagegen sicher zerstört, ist der starke Temperaturunterschied zwischen Tag und Nacht, der bei einer südexponierten Wand schon einmal 80°C betragen kann. Eine Bepflanzung puffert diese Wärmeentwicklung ab und macht die Fassade so haltbarer. Das Mikroklima wird verbessert, und wenn mehr Fassaden begrünt werden würden, sogar das Makroklima. Außerdem profitieren Insekten und Vögel vom hinzugewonnenen Lebensraum in der Vertikalen. Nicht zu vergessen der Effekt des Lärmpuffers, den man sich gerade an den Einfallstraßen großer Städte wünscht. Hier fehlt es an Aufklärung, wie diese Systeme funktionieren. Und dann mangelt es natürlich auch noch an vielen positiven Beispielen aus der Praxis. Hier ist eines, das in jeder Hinsicht überzeugt!