Grüner Markt

Allmende auf dem Dach

Ein mehrfach ausgezeichneter Dachgarten mit zukunftsträchtigem Konzept

Dies ist ein schönes Beispiel dafür, wie das Gärtnern zukünftig in unseren Städten aussehen könnte: statt allein auf der eigenen Miniparzelle lieber gemeinsam auf einem großzügigen Dachgarten und sich dabei Arbeit, Ernte oder auch die Freude daran teilen. Es ist eine neue Art, Garten zu leben, an der viele Menschen partizipieren könnten. In der Hauptstadt der Alpenrepublik wird diese neue Form bereits regelmäßig zur Realität, hier ist man städtebaulich offensichtlich weiter als in Deutschland. In Wien gehört es mittlerweile schon fast zum Tagesgeschäft von Landschaftsarchitektin Alice Größinger, Dachgärten für Mehrfamilienhäuser zu konzipieren. Dieses Projekt ist jedoch auf mehrfache Weise besonders: „Es entstand im Zuge eines Wettbewerbs, bei dem gemeinsam mit Architekten, Bauträger, Soziologen und einer Baugruppe aus Privatpersonen der 1. Preis erzielt wurde. Gebäude, Freiräume im EG und die beiden begrünten Dachterrassen wurden mit Hausbewohnern partizipativ entwickelt“, berichtet Alice Größinger.

Lage des Gartens Wien (AU)
Größe750 m²
Planungsbüroidealice Landschaftsarchitektur ZT
Bauträgerschaft„Neues Leben“ Gemeinnützige Bau-, Wohn- und Siedlungsgenossenschaft REG. GEN.M.B.H.
PlanungsbüroDYWIDAG Bau GmbH
Zum Profil
AusführungDYWIDAG Bau GmbH, Gartenteam Gestaltungsges. m.H.
FotografieIdealice, Rupert Steiner
Es war eine schöne Aufgabe, einen Garten für eine Baugruppe zu gestalten. Uns gefällt besonders die Liebe und Hingabe, mit der die Mitglieder den Garten pflegen, der sich mit den Ansprüchen immer wieder verändert.

Alice Gössinger

Die Dachgärten gehören zum Quartiershaus „Grüner Markt“. Es ist ein Wohn- und Geschäftsgebäude im Sonnwendviertel, einem neuen Stadtquartier südlich des Wiener Hauptbahnhofes. Ein Quartiershaus bezeichnet einen „Anziehungspunkt“, der das Viertel mit Wohnungen und Gewerbe beleben soll – ein städtebaulich interessanter Ansatz. Die zwei Dachterrassen mit insgesamt 750 m², im 4. OG die größere, im 8. Stock die kleinere, bieten neben dem weiten Ausblick auf die Metropole Freifläche für gemeinschaftliche Nutzung. Hier kann man sonnenbaden oder Sterne beobachten, in den Hochbeeten Obst, Gemüse und Kräuter kultivieren, Beerensträucher pflegen und abernten, durch den Garten wandeln, Natur beobachten oder sich einfach an einem der Rückzugsorte in den Schatten setzen und nichts tun. Gestaltet hat Alice Größinger die beiden Dachgärten robust – dem industriellen Charakter des Gebäudes und den extremen Standortbedingungen auf dem Dach entsprechend. Hier gedeihen vor allem Pflanzen, die mit der Exposition, der starken Sonneneinstrahlung, der Trockenheit und dem Wind zurechtkommen. Es ist eine Idee, die von der traditionellen Art des Weinbaus auf Lanzarote inspiriert ist. Typische Mittelmeerkräuter wie Rosmarin, Thymian und Salbei fühlen sich im Kiesgarten wie zu Hause. Ebenso eignen sich Stauden wie Alpenaster (Aster alpinus) und Sonnenhut (Echinacea purpurea) oder trockenheitsverträgliche Gehölze wie der Sanddorn (Hippophae rhamnoides), der zudem vitaminreiche Früchte liefert. Weißblühende Königskerze (Verbascum nigrum 'Album') und Ehrenpreis (Veronica) werden von Gräsern wie Zartes Federgras (Stipa tenuissima) und Lampenputzergras (Pennisetum alopecuroides) locker umspielt. In das dichte Grün sind die runden Lichtkuppeln und Schächte des Gebäudes integriert und so kaum noch wahrnehmbar. Selbst ausgefallene Pflanzen finden hier ihren Platz. Letztlich lebt ein solcher Gemeinschaftsgarten immer vom Mitmachen, von der Akzeptanz seiner Bewohner, die sich hier einbringen und mit ihren Bedürfnissen wiederfinden möchten. Dann wird das Grün über den Dächern der Stadt geliebt, gepflegt und weiterentwickelt und ist Garant für mehr Lebensqualität in der Großstadt.

Impressionen