
Gartenbilder hinter Glas
Spannende Blickbezüge.

„Hier ist die Verbindung von Natürlichkeit und Künstlichkeit, zwischen Architektur und Naturbild besonders intensiv spürbar, und trotzdem ist der Aussichtsplatz keine Spektakel-Architektur.”

Helmut Mühlbacher und Jürgen Hilse
Da die Arbeiten an Haus und Garten parallel verliefen, konnten sich Architekt und Landschaftsarchitekt abstimmen, was dem Projekt zugutekam. So griff Helmut Mühlbacher die reduzierte Gestaltung des Hauses auf und übertrug sie auf die Wege, Plätze und Pflanzflächen in den Außenanlagen. Dabei bestand für den Landschaftsarchitekten aus Traunstein die Herausforderung darin, „den großen Gartenraum zu bewältigen und Geborgenheit herzustellen, ohne die Großzügigkeit des Grundstückes aufzugeben“. So wurden zwar Abgrenzungen zu den Nachbargrundstücken hergestellt, ohne dass diese jedoch sofort ins Auge fallen würden. Locker gepflanzte Einzelbäume begleiten den Weg zum Haus und geben den Blick auf die Pfarrkirche immer wieder frei. Ein streng in Reihe gesetzter Obstanger mit Apfel-, Birnen- und Zwetschgenbäumen – traditionell in ländlichen Gärten – und eine heckenartige Pflanzung aus Felsenbirnen (Amelanchier lamarckii) binden Haus und Garten in das dörfliche Umfeld ein. Zwei übergroße Holzdecks aus Thermoesche schließen jeweils an zwei Seiten des Hauses an. Sie trennt ein symmetrisch bepflanztes Staudenbeet mit Purpur-Kugellauch (Allium aflatunense 'Purple Sensation'), Lavendel (Lavandula angustifolia 'Hidcote Blue') und Kleinem Lampenputzergras (Pennisetum alopecuroides 'Hameln') – ein schöner Blickfang und gleichzeitig Platzhalter für ein später geplantes Schwimmbecken. Es ist eines von mehreren Staudenbeeten, auf die man vom Wohnhaus durch die großen Fester blicken kann. Im Inneren des Hauses hängen keine Bilder an den Wänden – da haben Gartenbilder durch die Glasscheiben einen besonders hohen Stellenwert. Das Schöne daran ist, dass diese Gemälde sich mit wechselnden Farb- und Lichtstimmungen im Tages- und Jahresverlauf ändern und nie langweilig werden. Ein malerisches Gartenbild hält auch der hintere Gartenteil beim alten Nussbaum bereit. Hier ragt ein Holzpodest 3 Meter über der Geländekante in einen auwaldartigen Baumbestand hinein. Es ist freitragend ohne Stütze gebaut, dafür mit einem Betongegengewicht verankert und ganz eingebettet in das Naturbild. Etwa 10 Meter tiefer liegt ein Weiher mit steilen, bewaldeten Böschungen. „Hier an diesem kühlen, schattigen Platz ist die Verbindung von Natürlichkeit und Künstlichkeit, zwischen Architektur und Naturbild besonders intensiv spürbar, und trotzdem ist der Aussichtsplatz keine Spektakel-Architektur“, sagt Helmut Mühlbacher. In unmittelbarer Nähe steht, breit und erhaben, der alte Walnussbaum (Juglans regia) mit tief gefurchter Rinde und knorrigen Ästen – ein Charakterbaum, der mit seiner rundlichen Krone einen reizvollen Kontrast zu den rechteckigen Strukturen von Haus, Terrassen und Beeten bildet.
