Historischer Freiraum mit neuem Leben

Garten zum Haus der Gestalt

Einen Freiraum zu einem denkmalgeschützten Jugendstilhaus mit bewegter Geschichte mitten im Dorf gestalten zu dürfen, ist etwas Besonderes.

Erbaut im Jahre 1899, galt das Anwesen einst als Schmuckstück des Ortes, wurde später zum Kaufhaus umgebaut und stand danach viele Jahre leer. Mit der Sanierung dieses zentral gelegenen Gebäudes wird gleichzeitig die Dorfmitte wiederbelebt. So gibt es denn viele Nutzungsansprüche an den nicht allzu großen Freiraum: Das Jugendstilgebäude benötigt einen angemessenen Rahmen. Bewohner und Mitarbeiter der Unternehmen wünschen sich grüne Räume zum Genießen und Erholen oder für Arbeitspausen. Und zur Straße soll der Garten repräsentativ, aber nicht aufgesetzt wirken und seiner besonderen zentralen Lage im Dorf gerecht werden. Zunächst schockiert Andre Hellberg die große Anzahl der geforderten Stellflächen von Seiten der Gemeinde, lässt diese doch auf den ersten Blick keinen Gestaltungsspielraum mehr übrig. „Stellplätze versus klassischer Garten mit Charme und Charakter – das war die Ausgangslage. Doch es stellte sich heraus, dass man real bei weitem nicht die geforderten Stellplätze benötigt, weil viele Mitarbeiter z. B. mit dem Fahrrad kommen. Wir haben daraus einen Entwurf entwickelt, der nur noch theoretisch die Stellplätze zulässt und uns stattdessen auf die Schaffung eines atmosphärischen Raumgefühls konzentriert“, sagt Andre Hellberg. Relikte einer früheren Anlage findet der Landschaftsarchitekt keine – um das Haus gibt es zwar viel Verwunschenes und Verwildertes, aber nichts davon lässt sich integrieren. So entsteht der Garten völlig neu als Ergebnis einer feinsinnigen Gestaltung, die Assoziationen an typisch englische Country-Gärten mit üppigen Staudenrabatten weckt.

Lage des GartensUtting am Ammersee, Bayern
Größe645 m²
PlanungsbüroKlak Gartenmanufaktur
 
PlanungsbüroKLAK Gartenmanufaktur Landschaftsarchitektur
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AusführungKlak Gartenmanufaktur
FotografieAndre Hellberg
Revitalisierung eines baukul- turellen Erbes im Zentrum eines Ortes am Ammersee. Verwandlung eines Abbruch- gefährdeten Anwesens in eine repräsentative Idylle mit Charme und Charakter.

Andre Hellberg

Die verwendeten Materialien wirken zeitlos-zurückhaltend und stehen mit dem historischen Gebäude im Einklang. Runde Pflanzinseln aus rohem Stahl sind dicht mit Geophyten, Pfingst- und Duftrosen sowie deren Begleitstauden bepflanzt. Weitere schöne Details bereichern das Grün, etwa die „Schweizer Linie“, eine romantische Pflaster-Leitlinie, welche die Auftraggeber in einem eidgenössischen Bergdorf entdeckten. Eine mehrstämmige Platane spendet Schatten und lädt zum Pause machen unter ihrem üppigen Blätterdach ein. „Der Garten ist ungezwungen nutzbar und wirkt so selbstverständlich, als wäre er zusammen mit dem historischen Gebäude erdacht worden“, so Andre Hellberg. Eine kreative Lösung verlangt die Nähe zum Mühlbach, der durch den Ort fließt. Andre Hellberg entwickelt als Absturzsicherung an der Bachböschung Eiben-Skulpturen mit auffälliger Kubatur – in Form geschnittene immergrüne Hecken, wie sie auch in den „topiary gardens“ Britanniens zu finden sind. „Die Heckenskulpturen „tänzeln“ entlang der Böschungskante, spielen mit Licht und Schatten, mit Einblick und Abgrenzung. Die Skulpturen und die straßenseitige Platzgestaltung laden auch vorübergehende Passanten zum Genießen ein“, so der Planer. Eine scharfe Zäsur zur Umgebung gibt es nicht, vielmehr sind Garten und Umgebung eng miteinander verwoben. Strukturstauden wie Schaublatt (Rodgersia) und typische Arten des Gewässerrandes wie Mädesüß (Filipendula ulmaria) begleiten das Bachufer und verwischen die Gartengrenzen. Da ist es nur konsequent, dass kein Zaun den Garten umgrenzt. So wird dem Garten ausreichend Öffentlichkeit gegeben – als Reminiszenz an die einstige Nutzung des historischen Gebäudes mitten im Dorf.

Impressionen