Ein kleiner Garten als groĂźe Landschaft

Einheit in der Vielfalt

Kann man auf 7 x 7 m eine ganze Landschaft gestalten?

Anfangs kann von Erlebnis noch keine Rede sein, denn da ist nur eine Rasenfläche mit Sträuchern und eine Scheinzypresse an der Grundstücksgrenze, die viel zu groß für 49 m2 ist. So steht der Innsbrucker Planer und Landschaftsgärtner Ludwig Stangelmayer gleich vor mehreren kniffligen Aufgaben: den Garten als Erweiterung des Wohnraumes nutzbar zu machen, die Fläche groß- zügiger wirken zu lassen und Privatsphäre zu schaffen, um Kontemplation mitten in der Stadt zu ermöglichen. Sein Konzept ist zwar vom Japanischen Garten inspiriert, wird aber bewusst mit weiteren Elementen (z. B. Blütenstauden) kombiniert. „Stein-Arrangements sind so gesetzt, dass eine Flusslandschaft als zentrales Bild entsteht, ein klassisches Motiv Japanischer Gärten, in denen Steine in allen Größen und Formen zu den wichtigen Gestaltungselementen zählen. Zugleich gehören Steine auch zu den charakteristischen Materialien, welche die Landschaft der Alpen prägen“, erklärt Ludwig Stangelmayer. Hier wird von der Terrasse kommend das „trockene Flussbett“ über große geometrisch strukturierte Trittplatten symbolisiert, die in ein Kiesfeld gebettet von „Wasser“ umspült werden. Erhöhte, von Findlingen eingefasste Inselbeete flankieren als „Felswände“ das „Flussbett“. Das ebenso wichtige Bild der Quelle gestaltet Ludwig Stangelmayer aus einem Quellstein, der in eine Steingruppe integriert ist. Das zirkulierende Wasser fließt über ein Bambusrohr in das natürlich geformte Becken dieses Quellsteins und tränkt ein Beet aus Moosen.

Lage des GartensInnsbruck, Ă–sterreich
Größe49 m²
PlanungsbüroLudwig Stangelmayer, Firma Inngärten
 
PlanungsbĂĽroLudwig Stangelmayer
Zum Profil
AusführungLudwig Stangelmayer, Firma Inngärten
FotografieLudwig Stangelmayer
„Ein Japanischer Garten in den Tiroler Bergen – eine ganze Landschaft auf 49 m2.”

Ludwig Stangelmayer

„In ihrer Kombination schaffen Elemente wie diese eine faszinierende Einheit in der Vielheit, wie sie für einen Japanischen Garten charakteristisch ist“, so Ludwig Stangelmayer. Zugleich verleihen die Inselbeete dem Garten die nötige Struktur, die ihn größer wirken lässt. So ist er nicht mit einem einzigen Blick erfassbar, sondern muss begangen werden. Bäume und Pflanzen sind in der Höhe gestaffelt, sodass sich Sichtachsen ergeben und räumliche Tiefe entsteht. Das Laub der Fächer-Ahorne (u. a. Acer japonicum 'Aconitifolium') setzt Farbimpulse, dient als Sichtschutz und spendet Schatten. Blattschmuckstauden (u. a. Kaukasus-Vergissmeinnicht - Brunnera macrophylla), Farne (u. a. Rippenfarn - Blechnum spicant) und Gräser wie Japanisches Berggras (Hakonechloa macra) unterstreichen das lebendige Gartenbild. Die Scheinzypresse bleibt auf Wunsch im Garten, wird eingekürzt und ist nun gleichzeitig Insektenhotel, Rankgerüst für eine Kletterhortensie und Versteck für die Technik (Wasserpumpe für den Quellstein). Findlinge, Pflastersteine und Kiesel stammen aus der Region. Eine regionale Note setzt auch der Staketenzaun aus schwarz geflämmtem Lärchenholz (Pfosten) und hellem Kastanienholz. Er bildet den räumlichen Abschluss zur Straße hin bzw. rückt das gegenüberliegende Nachbargebäude aus dem Fokus, ohne den Blick auf die Tiroler Bergkulisse zu schmälern. Es ist das kreative Zusammenspiel von strukturgebender Ordnung und verspielter, belebender Bepflanzung, was den Garten so besonders macht. Er lebt von der Vielfalt seiner Strukturen und Farben und wird trotzdem dem Wunsch nach Ruhe und Kontemplation gerecht.

Impressionen