Ein gepflanztes Märchen

Im Reich der Stauden

Es war einmal ein Garten... bei diesem Projekt von Gartenplaner Jörg Lonsdorf erwartet man an jeder Ecke einer Fee oder einem verwunschenen Prinzen zu begegnen. Märchenhaft wirkt er durch die dicht blühenden Sträucher und vor allem der großen Vielfalt an Stauden.

Jörg Lonsdorf ist einer, der seine Pflanzenleidenschaft lebt, der mit Stauden und Gräsern experimentiert, der Dynamik im Garten zulässt und sich an der so entstandenen Natürlichkeit freuen kann. Logisch, dass in seinem Garten Pflanzen die Hauptakteure sind, auf die er seine Gestaltung konzentriert. Vor allem Stauden haben es ihm angetan – naturhafte, altbewährte, aber auch seltene Arten. Daher nehmen die ausdauernden krautigen Gewächse auch den Löwenanteil seines Hanggartens ein. Belagsflächen, geschweige denn Bodenversiegelung, sind dagegen auf ein Minimum reduziert (es gibt zwei kleine Terrassen, hausnahe Laufwege sowie ein kleiner Schattensitzplatz). Nach und nach entstand sein Reich der Stauden in reiner Handarbeit, ganz ohne vorgefertigten Pflanzplan.

Lage des GartensBonn, NRW
Größe des Gartens730 m²
PlanungsbüroJörg Lonsdorf - Die Gartenthusiasten
Zum Profil
AusführungJörg Lonsdorf- die Gartenenthusiasten
FotografieSabrina Rothe Photography
Mit der Zeit ist der Garten wilder geworden, doch das Grundkonzept mit den optischen Ruhepolen erlaubt dies, ohne dass reines Chaos entsteht.

Jörg Lonsdorf

Die langgestreckte Form des Hanggartens – nur ca. 13 m breit, dafür aber 64 Meter lang – empfand Jörg Lonsdorf als Geschenk: Die zentrale Sichtachse betont ein langer Rasenweg, der sich vom Haus den Hang hinauf schwingt. Damit der weite Blick auch wirken kann, ist das Raumkonzept fließend angelegt, was dem schmalen Grundstück Großzügigkeit verleiht; gliedernde Gartenzimmer gibt es nicht. Den Weg legte er nach den Trampelpfaden an, die er in der teils verwilderten Fläche vorfand, und dies möglichst platzsparend. Die Blickachse wird immer wieder von Gehölzen oder Bambus verstellt, um Spannung zu erzeugen und die menschliche Neugier zu wecken, die jede Ecke und jeden Winkel des Gartens erkunden will. Gleichzeitig bietet der schmale Rasenteppich dem Auge einen Ruhepol und hält die staudenreiche Pflanzung optisch zusammen. Das Rückgrat des Gartens bilden außerdem klassische Buchsbäume und ein straff aufrecht geschnittener Wacholder (Juniperus communis), Immergrüne, die dem Garten auch im Winter Struktur und Orientierung geben. Mit diesen Orientierungspunkten kontrastiert eine artenreiche, teils wild anmutende Staudenpflanzung – Ergebnis der Experimentierlust des Pflanzenliebhabers und daher in stetem Wandel begriffen. Stück für Stück bepflanzte Jörg Lonsdorf in Handarbeit die Bereiche rechts und links des Weges – nach dem Prinzip 'right plant, right place' – ein Motto, das der englischen Gartenlady Beth Chatto zugeschrieben wird. Doch wie aufwändig ist die Pflege eines solchen Staudenreichs? Zeitmangel ist doch eine weit verbreitete Krankheit in unserer Gesellschaft und Pflege fordert nun mal das wertvollste von uns, was wir haben: Zeit. Jörg Lonsdorf hat sich von der Vorstellung verabschiedet, dass der Garten jedes Jahr gleich aussehen muss, er lässt Dynamik zu, greift an anderer Stelle aber wieder gezielt ein. Wie es wohl weitergehen wird mit seinem lebendigen, dynamischen Garten? Eins ist sicher – nichts bleibt, wie es ist.

Impressionen