
Verwischte Grenzen zwischen Landschaft und Natur
Unendliche Weiten: Grundstück und Landschaft scheinen hier ineinander überzugehen, so natürlich gewachsen und gestaltet wirkt der Garten in der Nähe des Odenwaldes.

„Der Garten besticht durch seine 'Einfachheit'. Es wurde bewusst auf zusätzliche Gartenaccessoires (...) verzichtet.”

Carola Dittrich
Carola Dittrichs Konzept sah vor, die Landschaft optisch bis ans Haus fließen zu lassen und gleichzeitig störende Sichtbeziehungen auszublenden. Letzteres übernimmt ein Hügelbeet nahe der Grundstücksgrenze, das mit Rot-Ahorn (Acer freemanii; Hochstamm) und Stauden bepflanzt ist. Um den Blick in die Landschaft zu stärken, wurden die Sträucher im unteren Garten entfernt und die zentrale Rasenfläche mit der Mulde eingeebnet. Das Oberflächenwasser läuft jetzt statt in die Retentionsmulde in eine Fläche mit unterirdischen Sickerblöcken. Den vertrockneten Rasenhang gestaltete die Landschaftsarchitektin in eine Gräsermatrix um, die mit der Sommer-Trockenheit besser zurechtkommt. Herbst-Kopfgras (Sesleria autumnalis), Purpur-Wiesenknopf (Sanguisorba officinalis 'Tanna'), Hohe Bart-Iris (Iris barbata-elatior 'Superstition') und weiße Fackellilie (Kniphofia uvaria 'Ice Queen') bieten nahezu das ganze Jahr ein attraktives Bild. Vor dem Haus setzt sich die Matrix aus graulaubigen Stauden, wie Blauraute (Perovskia atriplicifolia 'Little Spire') und Kugeldistel (Echnipos ritro 'Veitchs Blue') zusammen – ein schöner Kontrast zum roten Laub des Perückenstrauchs (Cotinus dummeri 'Grace'). Die Staudenflächen sind mit mineralischem Mulch (Lavamulch) abgestreut, der den Boden vor Austrocknung bzw. Verschlämmung bei Starkregen schützt. Zudem erhitzt sich der Lavamulch und reduziert damit das Aufkeimen von konkurrenzstarken Wildkräutern. Da es in diesem Garten kein Bewässerungssystem gibt, wählte Carola Dittrich überwiegend sehr stresstolerante, langlebige Pflanzen mit mäßigem Wuchsverhalten aus (CS-Strategen; Strategietypen nach Grime), wie z.B. das Herbst-Kopfgras, das sich im mineralischen Mulch wohlfühlt und Hitze verträgt – in Zeiten des Klimawandels ein Vorteil. Gegossen wurde lediglich während des Anwachsens, danach nur noch in extremen Hitzeperioden. Die naturnahen Pflanzflächen ahmen mit ihrer geschwungenen Form die sanfte Hügellandschaft nach, sodass sich die Grenzen zwischen Garten und Landschaft verwischen. Folgerichtig gibt es auch keinen Zaun. Und wenn Rehe und andere Tiere in den Garten kommen und mal eine Pflanze abfressen, nehmen dies die Bewohner des Hauses als besonderes Naturerlebnis gerne in Kauf.
