Am Puls der Landschaft

Verwischte Grenzen zwischen Landschaft und Natur

Unendliche Weiten: Grundstück und Landschaft scheinen hier ineinander überzugehen, so natürlich gewachsen und gestaltet wirkt der Garten in der Nähe des Odenwaldes.

„Das Grundstück liegt am Ortsrand und grenzt an sanft hügelige Wiesen und Wälder. Auch zeugten die von den Auftraggebern selbst angelegten Staudenflächen von einer großen Leidenschaft für das Gärtnern“, schildert Landschaftsarchitektin Carola Dittrich ihre ersten Eindrücke. Das dazugehörige Haus, ein moderner Bau mit warmer Holzfassade, ist optimal auf dem Grundstück ausgerichtet, nimmt Sichtbezüge in die reizvolle Landschaft des Odenwaldes auf. Beste Voraussetzungen für einen guten Garten, doch gerade dieser wollte zunächst so gar nicht zum übrigen harmonischen Eindruck passen. Das lag vor allem an einer großen, zentral gelegenen Retentionsmulde, die den Garten in zwei Teile riss. Um die Mulde zu kaschieren, hatte man die Rasenfläche dicht mit Sträuchern bepflanzt. Der übrige Rasenhang litt wegen der zunehmenden Trockenheit im Sommer schwer und wurde schnell braun. So konnte der untere Garten mit der malerischen alten Eiche und dem weiten Blick in die Hügellandschaft nicht wirken.

Lage des GartensOdenwald, BaWü
Größe des Gartens950 m²
PlanungsbüroKEPOS Gartenarchitektur - Carola Dittrich
Zum Profil
AusführungGarten-Creativ
FotografieCarola Dittrich, private Bilder der Auftraggeber
Der Garten besticht durch seine 'Einfachheit'. Es wurde bewusst auf zusätzliche Gartenaccessoires (...) verzichtet.

Carola Dittrich

Carola Dittrichs Konzept sah vor, die Landschaft optisch bis ans Haus fließen zu lassen und gleichzeitig störende Sichtbeziehungen auszublenden. Letzteres übernimmt ein Hügelbeet nahe der Grundstücksgrenze, das mit Rot-Ahorn (Acer freemanii; Hochstamm) und Stauden bepflanzt ist. Um den Blick in die Landschaft zu stärken, wurden die Sträucher im unteren Garten entfernt und die zentrale Rasenfläche mit der Mulde eingeebnet. Das Oberflächenwasser läuft jetzt statt in die Retentionsmulde in eine Fläche mit unterirdischen Sickerblöcken. Den vertrockneten Rasenhang gestaltete die Landschaftsarchitektin in eine Gräsermatrix um, die mit der Sommer-Trockenheit besser zurechtkommt. Herbst-Kopfgras (Sesleria autumnalis), Purpur-Wiesenknopf (Sanguisorba officinalis 'Tanna'), Hohe Bart-Iris (Iris barbata-elatior 'Superstition') und weiße Fackellilie (Kniphofia uvaria 'Ice Queen') bieten nahezu das ganze Jahr ein attraktives Bild. Vor dem Haus setzt sich die Matrix aus graulaubigen Stauden, wie Blauraute (Perovskia atriplicifolia 'Little Spire') und Kugeldistel (Echnipos ritro 'Veitchs Blue') zusammen – ein schöner Kontrast zum roten Laub des Perückenstrauchs (Cotinus dummeri 'Grace'). Die Staudenflächen sind mit mineralischem Mulch (Lavamulch) abgestreut, der den Boden vor Austrocknung bzw. Verschlämmung bei Starkregen schützt. Zudem erhitzt sich der Lavamulch und reduziert damit das Aufkeimen von konkurrenzstarken Wildkräutern. Da es in diesem Garten kein Bewässerungssystem gibt, wählte Carola Dittrich überwiegend sehr stresstolerante, langlebige Pflanzen mit mäßigem Wuchsverhalten aus (CS-Strategen; Strategietypen nach Grime), wie z.B. das Herbst-Kopfgras, das sich im mineralischen Mulch wohlfühlt und Hitze verträgt – in Zeiten des Klimawandels ein Vorteil. Gegossen wurde lediglich während des Anwachsens, danach nur noch in extremen Hitzeperioden. Die naturnahen Pflanzflächen ahmen mit ihrer geschwungenen Form die sanfte Hügellandschaft nach, sodass sich die Grenzen zwischen Garten und Landschaft verwischen. Folgerichtig gibt es auch keinen Zaun. Und wenn Rehe und andere Tiere in den Garten kommen und mal eine Pflanze abfressen, nehmen dies die Bewohner des Hauses als besonderes Naturerlebnis gerne in Kauf.

Impressionen