
Menschliches Maß
Der Wunsch nach Nähe und Geborgenheit.

„Mir ging es darum, die menschliche Dimension in diese Anlage hineinzubringen. Das geht am besten mit kleinteiliger Bepflanzung.”

Ralph Eid
Doch für so einen besonderen Ort wie die Englburg im Bayerischen Wald passt kein Garten von der Stange. Ein solches Konzept hatte Ralph Eid auch nicht parat, als er den ausgeräumten, planierten Burginnenhof sah. Eines kam für ihn jedoch nicht infrage: eine historisierende Gartenanlage. Bei genauer Betrachtung entdeckte er an einigen Stellen des Innenhofs flache Granitbrocken. In der Hoffnung, es seien die obersten Ausläufer des gewachsenen Felsens, wurde gegraben. Als sich diese Hoffnung bestätigte, war klar, dass die Gesteinsbrocken die Gestaltung vorgeben sollten. „Die Felsen wurden herausgearbeitet und ein Rundweg eingebunden. Dadurch verschwand der Haupteingang zu den Gebäuden hinter einem Staudenbeet, was mir zunächst Kopfzerbrechen machte, im Nachhinein aber durchaus stimmig ist“, erklärt Ralph Eid. Da der Weg vom Gebäude abgerückt ist, entstanden viele kleine Pflanzflächen, die mit Stauden bepflanzt wurden. Dank des besonderen Mikroklimas des Burghofs wachsen dort auch Pflanzen, die für den Bayerischen Wald eher heikel sind, wie etwa Mittelmeer-Wolfsmilch (Euphorbia characias ssp. Wulfenii), Blaunessel (Agastache-rugosa-Hybride 'Blue Fortune'), Montbretie (Crocosmia masoniorum 'Lucifer') oder die Orange Fackellilie (Kniphofia-Hybride 'Alcazar'). Auf den flachgründigen Standorten im Übergang zwischen Felsen und Pflanzfläche sät sich Zartes Federgras (Stipa tenuissima) aus. Einige wenige Gehölze, wie Samthortensie (Hydrangea sargentiana), Judasbaum (Cercis) und Zaubernuss (Hama- melis) vervollständigen das Pflanzenbild. Auf der Südseite der Burg entstand eine Sonnenterrasse auf zwei Ebenen, was der Topografie geschuldet ist. Als Belag kamen dafür die alten großformatigen Granitplatten aus dem Innenhof zu neuen Ehren, die bei der Umgestaltung angefallen waren. Die Trockenmauer wurde etwas nach oben erweitert. Um auf eine Absturzsicherung verzichten zu können, entstand zwischen Terrasse und Mauerkrone ein großzügiges Beet mit üppigen halbhohen Stauden. Sie unterstützen den intimen Charakter des Orts, der gleichzeitig eine herrliche Fernsicht über das Vorland des Bayerischen Walds bietet. „Mir ging es darum, die menschliche Dimension in diese Anlage hineinzubringen. Das geht am besten mit kleinteiliger Bepflanzung“, so bringt Ralph Eid sein Konzept auf den Punkt. Seine Gartengestaltung bringt Leben in das alte Gemäuer und steht in wohltuendem Kontrast zur mächtigen Architektur der Burg, auch wenn er sie nicht in letzter Konsequenz umsetzen konnte – Auftraggärten sind nun mal meist Kompromisslösungen.
