Gärtnern über den Dächern der Stadt

Das Gartenhaus

Man mag es nicht für möglich halten, wo überall Gärten gedeihen können - zum Beispiel auf Dächern mitten in der Stadt! Aber nicht nur in Sachen Außergewöhnlichkeit, sondern auch bei der Verbesserung seiner Umwelt punktet dieser Garten.

‚Urban Gardening‘ – das Gärtnern mitten in der Stadt, entwickelt sich immer mehr zu einem Trend. Auf freien Flächen, eigentlich Mangelware in der City, werden eigenes Obst und Gemüse angebaut oder auch Stauden gepflanzt, um die Biodiversität im urbanen Raum zu erhöhen. Die Wirkung solcher Gärten ist in vielfacher Weise positiv: Pflanzen verbessern das Stadtklima und verhindern durch Verdunstung und Verschattung das Aufheizen der Gebäude im Sommer, wenn sich kaum ein Lüftchen zwischen den Häuserschluchten regt. Zudem sensibilisiert das Gärtnern in der City für die großen Themen unserer Zeit: die Erzeugung von Nahrungsmitteln, deren Transport und die Folgen für das Klima. Dieser unkonventionelle Dachgarten mitten in der Nürnberger Innenstadt entstand aus der Überlegung, was nachhaltiges Bauen bedeutet und welche Antworten dabei auf die drängenden Fragen unserer Zeit gegeben werden können.

Lage des GartensNürnberg, Bayern
Größe des Gartens96 m²
Planungsbürobüro für bauform
Zum Profil
AusführungEigenleistung
Fotografiebüro für bauform, Stefan Riedl
Der Typus Rooftop Garden trägt zur Biodiversität in Städten bei, fördert die Luftqualität (...) und kühlt durch die Verdunstung und Verschattung der Pflanzen.

Jürgen Lehmeier, Carmen Selaru (nicht im Bild), Eduard Klotz (nicht im Bild), Benedikt Weigmann (nicht im Bild)

Der Architekt Jürgen Lehmeier setzte die Idee eines Nutzgartens über den Dächern der Stadt im eigenen Nürnberger Stadthaus mit seinem Team überwiegend in Eigenleistung um. Nun können die Hausbewohner ihr eigenes Obst und Gemüse in selbstgebauten Hochbeeten im vierten Stock des Stadthauses anbauen. Für Jürgen Lehmeier ist der Dachgarten nicht zuletzt auch ein soziales Projekt für alle Parteien des Hauses. Kultiviert werden verschiedene samenfeste Gemüsearten und -sorten sowie eine Vielzahl an Kräutern, aber auch Beerenobst und Obstbäume (Kirsche, Mirabelle). Dabei nutzen die Hobbygärtner ganz im Sinne der Nachhaltigkeit torffreie Erde und Regenwasser zur Bewässerung ihrer Kulturen. Als Bodenbelag für den Dachgarten wählte Jürgen Lehmeier Matten aus Tartan-Recyclinggranulat, das günstig und leicht zu verlegen ist. Das Material bietet noch einen weiteren Vorteil: Es saugt sich bei Regen voll wie ein Schwamm und gibt das Wasser ganz langsam wieder ab. Das sorgt für einen zusätzlichen Kühlungseffekt. Um aus dem vierten Stockwerk einen Nutzgarten zu machen, wurde das Stadthaus aus der Gründerzeit aufgestockt, wobei sich der Architekt an den alten Traufhöhen und an der in den 60er Jahren erstellten Nachbarbebauung orientierte. Größte Herausforderung war, die ansässigen Behörden von dem Konzept zu überzeugen, denn das Stadtbild Nürnbergs wird von roten Ziegeldächern geprägt. Dieses Haus mit „grünem Dach“ scheint auf den ersten Blick nicht in das ortstypische Bild zu passen. Daher hat Jürgen Lehmeier mit einer Stahlkonstruktion in Leichtbauweise (recyclingfähig) die ursprüngliche Dachform nachgebildet. Gleichzeitig schafft der Dachgarten aber auch Raum für die Natur – und das mitten in der Stadt. Die Pflanzen tragen zur Biodiversität bei und bieten Nahrung für Insekten und Vögel, die sich ganz von allein einstellen. So gleicht das alte Gründerzeithaus mit seinen Bewohnern, seinen Tieren und Pflanzen vielmehr einem lebendigen Organismus als toter Materie aus Stein und Stahl.

Impressionen