
Das Gartenhaus
Man mag es nicht für möglich halten, wo überall Gärten gedeihen können - zum Beispiel auf Dächern mitten in der Stadt! Aber nicht nur in Sachen Außergewöhnlichkeit, sondern auch bei der Verbesserung seiner Umwelt punktet dieser Garten.

„Der Typus Rooftop Garden trägt zur Biodiversität in Städten bei, fördert die Luftqualität (...) und kühlt durch die Verdunstung und Verschattung der Pflanzen.”

Jürgen Lehmeier, Carmen Selaru (nicht im Bild), Eduard Klotz (nicht im Bild), Benedikt Weigmann (nicht im Bild)
Der Architekt Jürgen Lehmeier setzte die Idee eines Nutzgartens über den Dächern der Stadt im eigenen Nürnberger Stadthaus mit seinem Team überwiegend in Eigenleistung um. Nun können die Hausbewohner ihr eigenes Obst und Gemüse in selbstgebauten Hochbeeten im vierten Stock des Stadthauses anbauen. Für Jürgen Lehmeier ist der Dachgarten nicht zuletzt auch ein soziales Projekt für alle Parteien des Hauses. Kultiviert werden verschiedene samenfeste Gemüsearten und -sorten sowie eine Vielzahl an Kräutern, aber auch Beerenobst und Obstbäume (Kirsche, Mirabelle). Dabei nutzen die Hobbygärtner ganz im Sinne der Nachhaltigkeit torffreie Erde und Regenwasser zur Bewässerung ihrer Kulturen. Als Bodenbelag für den Dachgarten wählte Jürgen Lehmeier Matten aus Tartan-Recyclinggranulat, das günstig und leicht zu verlegen ist. Das Material bietet noch einen weiteren Vorteil: Es saugt sich bei Regen voll wie ein Schwamm und gibt das Wasser ganz langsam wieder ab. Das sorgt für einen zusätzlichen Kühlungseffekt. Um aus dem vierten Stockwerk einen Nutzgarten zu machen, wurde das Stadthaus aus der Gründerzeit aufgestockt, wobei sich der Architekt an den alten Traufhöhen und an der in den 60er Jahren erstellten Nachbarbebauung orientierte. Größte Herausforderung war, die ansässigen Behörden von dem Konzept zu überzeugen, denn das Stadtbild Nürnbergs wird von roten Ziegeldächern geprägt. Dieses Haus mit „grünem Dach“ scheint auf den ersten Blick nicht in das ortstypische Bild zu passen. Daher hat Jürgen Lehmeier mit einer Stahlkonstruktion in Leichtbauweise (recyclingfähig) die ursprüngliche Dachform nachgebildet. Gleichzeitig schafft der Dachgarten aber auch Raum für die Natur – und das mitten in der Stadt. Die Pflanzen tragen zur Biodiversität bei und bieten Nahrung für Insekten und Vögel, die sich ganz von allein einstellen. So gleicht das alte Gründerzeithaus mit seinen Bewohnern, seinen Tieren und Pflanzen vielmehr einem lebendigen Organismus als toter Materie aus Stein und Stahl.
