Über den Dächern

Begrünt mehr Dächer!

Dieses Projekt hat einen lauten Ruf nach mehr Grün in der Stadt - und beantwortet ihn gleich selbst!

Grün ist Mangelware in vielen Städten. Und dass wir gerade in Zeiten des Klimawandels gut daran täten, mehr Bäume zu pflanzen, Dächer und Fassaden zu begrünen, ist unbestritten. Dafür gibt es viele gute Gründe: Gebäude heizen sich durch die Verdunstung der Pflanzen weniger stark auf, das Stadtklima wird verbessert, Tiere finden Lebensraum und letztlich tut das Grün dem Gemüt einfach gut. Dieser Dachgarten stammt zwar nicht aus dem Förderprogramm, ist aber ein tolles Beispiel dafür, wie man hoch über den Straßen Berlins attraktiv und nachhaltig gestalten kann. Und wie schnell, denn dieser besondere Ort entstand zu Corona-Zeiten. Wegen der geltenden Beschränkungen musste das gesamte Material innerhalb eines Tages auf die Dachterrasse gebracht werden. Für die Umsetzung des Gartens blieben dann genau zwei Tage Zeit – was der Qualität keinerlei Abbruch tat. Er besteht aus einer großen L-förmigen Holzterrasse und einer anschließenden Extensivfläche mit Kräutern und Wildstauden, denn die Besitzer finden, dass es auf dem Dach durchaus ein wenig „wild“ zugehen darf. Zur Freude von Landschaftsarchitektin Maria Hänsch, die für die extensive Begrünung auch auf Pflanzenspezialisten zurückgreifen konnte, die in Gärten kaum Verwendung finden. Zunächst wird in Zusammenarbeit mit der Innenarchitektur eine Verbindung zwischen Innen- und Außenraum geschaffen.

Lage des GartensBerlin
Größe230 m²
 
PlanungsbüroPotsdamer Gartengestaltung GmbH
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AusführungPotsdamer Gartengestaltung GmbH
FotografieDaniel Toman
Es ging darum, den Ausblick in den Wohnraum zu integrieren, die Weite zu erhalten, die Vorzüge des Stadtlebens hervorzuheben und trotzdem Natur erlebbar zu machen.

Maria Hänsch

Kübel mit Stauden, Gräsern und kleinen Gehölzen sind abwechslungsreich auf dem Holzdeck angeordnet, sodass Räume für unterschiedliche Nutzungen entstehen. Die Blickachsen auf die Sehenswürdigkeiten der Stadt bleiben frei, werden vielmehr durch die Gestaltung betont. Auf der großen Terrasse findet neben dem Esstisch auch ein Holzplateau Platz, eine Extraanfertigung, die gleichzeitig als Liegefläche und Stauraum dient. Von der Terrasse und dem Arbeitszimmer aus hat man Zugang zur artenreichen Extensivfläche. Die Fläche ist mit Schrittplatten als begehbare „wilde Wiese“ inklusive Kräuter und Kunst angelegt – eine sinnvolle Kombination aus Schönheit und Nutzen. Zahlreiche Insekten tummeln sich dort und man kann fast ganzjährig Kräuter ernten. Hier wächst z. B. Thymian, nur ein bisschen gebückter, ein bisschen geduckter, ähnlich wie auf den kargen Naturstandorten am Mittelmeer. Gepflanzt hat die Landschaftsarchitektin dort auch viele Spezialisten, trockenheitsverträgliche Arten, darunter Wimper-Perlgras (Melica ciliata), Kronen-Lichtnelke (Lychnis coronaria), Ästige Graslilie (Anthericum ramosum) und Astlose Graslilie (Anthericum liliago). Auf dem sonnenexponierten Dach fühlt sich sogar die Felsennelke (Petrorhagia saxifraga) wohl und versamt sich. „Das habe ich noch in keinem Garten geschafft, und wenn er noch so trocken war. Hier kann man einmal mit speziellen Pflanzen arbeiten, die auch ohne vollautomatische Bewässerung klarkommen können“, freut sich Maria Hänsch. Eingegriffen wird nur, wenn sich Arten wie Kronen-Lichtnelken und Sedum auf Kosten der anderen zu breitmachen – ganz ohne Pflege geht es eben auch auf dem Dach nicht.

Impressionen