Ein Labyrinth aus Licht, Hecken und Kunst

Ars topiarium

„Dieser Garten ist durch das Licht, die Gehölze, die Heckenstrukturen in Gänze wandelbar – das ist das Besondere, er erzählt immer etwas Neues“, sagt Michael Große.

Die Gartenbesitzer kannten Arbeiten der beiden Gartengestalter und ließen ihnen freie Hand. Gesetzt war lediglich Sichtschutz zum Ende des Grundstücks hin und der Wunsch nach einem passenden Grün zu ihrem älteren Stadthaus mit Beletage und ansprechender Fassade in einem Wohnviertel der 1930er Jahre. Denn der langgezogene Garten mit Trampelpfad, wilden Brombeeren und einem schönen alten Birnbaum am Grundstücksende wurde dem Haus nicht gerecht. Auch einen direkten Zugang vom Wohnzimmer in den Garten gab es nicht. „Das Planungskonzept bestand einfacher Weise aus der Übernahme des vorhandenen gewundenen Trampelweges durch gebrauchte holländische Waaltjes und dem Beruf des Auftraggebers als Zitat“, erklärt Landschaftsarchitektin Birgit Kather. Dieser hat beruflich mit Musik zu tun, deshalb kommen die beiden Planer auf die Idee, einen abstrahierten Notenschlüssel aus dem Weg und den geschwungenen Heckenformen zu gestalten. Eiben (Taxus baccata) und Rotbuchen-Hecken (Fagus sylvatica) in verschiedenen Schnittformen, unterschiedlichen Höhen, mit steigenden oder fallenden Linien, bringen im Verein mit Kegeln, Kuben und Quadern Spannung in den Raum und lassen die schmale Form vergessen. Je nachdem in welche Richtung man sich bewegt, eröffnen sich Ausblicke oder werden verstellt, sodass der Garten nie mit einem Blick erfassbar ist. Und hinter jeder Hecke gibt es etwas Neues zu entdecken!

Lage des GartensGelsenkirchen, Nordrhein-Westfalen
Größe726 m²
PlanungsbüroGroße Gärten
 
PlanungsbüroGroße Gärten
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AusführungGroße Gärten
FotografieMarion Nickig, Große Gärten
66 m Länge, 11 Meter Breite, aufgeteilt in 4 grüne Zimmer – verbunden durch einen Wandelweg.

Birgit Kather und Michael Grosse

Über die Hecken ragen botanische Raritäten wie Honoki-Magnolie (Magnolia hypoleuca), Trompetenbaum (Catalpa erubescens var. Chinensis), Kugel-Trompetenbaum (Catalpa bignonioides 'Nana'), Quitte (Cydonia oblonga) und Zaubernuss (Hamamelis). Den Kugel-Trompetenbaum 'Nana' schneidet Michael Große, gelernter Landschaftsgärtner, z. B. so, dass er keine geschlossene Kugelform bildet, sondern nur die Neigung dazu zeigt: „Diese außergewöhnlichen Bäume kontrastieren mit den Heckenlinien hinsichtlich Farben, Kombinationen und Textur.“ Durch die Heckenstrukturen ergeben sich vier Gartenzimmer, die mit einem Wandelweg verbunden sind: Ein Terrassenbereich am Haus mit direktem Zugang zum Wohnzimmer, danach folgt das „Heckenkabinett“, erreichbar über versteckte Stufen, sodann gelangt man in das „Catalpa-Zimmer“. Das „Birnenzimmer“ mit der Gobelin-Hecke aus Rot- und Blutbuchen 'Purpurea' (Fagus sylvatica) bildet den stimmungsvollen Abschluss. „Jetzt hat man ein Gesamterlebnis. Die Atmosphäre im Garten trägt vom Ausblick im Wohnzimmer, ohne den Garten gesamt übersehen zu können, mit viel Unterhaltung und Überraschung bis zum Tor am Ende des Gartens“, so die beiden Planer. Natürlich kann ein solcher Garten nur wirken, wenn er in Form gehalten wird. Michael Große, der während eines Auf-enthalts in Japan seine Liebe zum Formschnitt entdeckte, schneidet zwei- mal im Jahr die hohen Bäume und stellt ca. alle vier Jahre die Proportionen der Hecken wieder her, wenn sie sich zu breit gemacht haben. Doch auch die Gartenbesitzer begeistern sich für den Formschnitt, besitzen das nötige Know-how und führen regelmäßig anfallende Arbeiten selbst aus. Wie schön, dass sie von ihrem Garten begeistert sind und ihn in dieser Form erhalten – so kann er seine außergewöhnliche Atmosphäre bewahren.

Impressionen