Ein Garten, der sich verändern darf

Alles ist Veränderung

„Die einzige Konstante im Universum ist die Veränderung“, schrieb Heraklit, der auch „der weinende Philosoph“ genannt wird. Weinen würde er beim Anblick dieses Gartens sicher nicht - oder wenn dann nur aus Freude.

Dies ist ein sehr persönlicher Garten, ein Rückzugsort und Lebensraum für eine Familie, gleichzeitig aber auch Freiland- Labor, Versuchsstätte. Bewusst entschieden sich Charlotte und Niels Blatt, beide von Beruf Garten- und Landschaftsarchitekten, gegen ein repräsentatives Grün. Lieber machten sie aus dem ehemaligen Feld am Dorfrand ihr ganz privates Familien-Projekt: Einen Garten, der nach und nach entstehen und sich immer wieder verändern darf. Zunächst pflanzte das Paar an den Grundstücksgrenzen Hecken aus Buchen, Eiben und Feldahorn (Acer campestre) als Blick- und Windschutz sowie zur Raumbildung. Zusammen mit Wald-Kiefern (Pinus sylvestris), Hartriegel (Cornus) und Obstgehölzen verleihen die Hecken dem naturnah gestalteten Garten sein Grundgerüst. Die Kiefern sind vor allem den sandigen Bodenverhältnissen (Podsol) auf dem Grundstück geschuldet, da sie mit der Nährstoffarmut und dem sauren Milieu des Bodens klar kommen. Erst im Anschluss an die Pflanzung wurde das Wohn- und Bürogebäude gebaut, später kamen die Details hinzu. Wege (gepflastert oder als Rasenweg) bilden die Achsen zur Gliederung des Grundstücks. Querhecken wurden eingezogen, um offene Gartenzimmer zu gestalten.

Lage des Gartens Norddeutschland
Größe des Gartens1.600 m²
PlanungsbüroHoreis+Blatt Partnerschaft mbB, Garten- u. Landschaftsarchitekten BDLA
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AusführungEigenleistung unter Mitwirkung von Mull+Ohlendorf und Rengstdorf
FotografieNiels Blatt
Es ist ein naturhafter Garten mit einem Rahmen aus Hecken und Gehölzen - die Nutzungen dazwischen ändern sich jährlich.

Niels Blatt

Diese „grünen Zimmer“ sind nicht vollständig von Hecken oder Mauern umgeben, damit sie ineinander übergehen können. „So lassen sich neu geschaffene Staudenbilder mit den anderen Bereichen verknüpfen“, sagt Niels Blatt, der gerne mit Pflanzen experimentiert. Hier kann er Pflanzen ausprobieren und die Erkenntnisse für künftige Konzepte nutzen. Auf einem der Beete versucht er es aktuell mit einer Kombination aus Phlox und Taglilien (Hemerocallis). Eine Zeitlang testete er unterschiedliche Indianernesseln (Monarda) und stellte dabei fest, dass die Sorte 'Prärienacht' bei ihm im Garten am besten funktioniert. Wenn auf Baustellen Pflanzen „im Weg stehen“, nimmt er sie mit nach Hause in den eigenen Garten. So ändert sich das Erscheinungsbild jährlich durch neue Ideen oder sich selbst aussäende Pflanzen. Und natürlich spiegelt der Garten auch die sich verändernden Bedürfnisse der Familienmitglieder wider. So diente ein alter Bauwagen den Kindern zunächst als Lager, dann als Spielort und jetzt als Sauna. Ein Zirkuswagen ist aktuell Gästehaus und Rückzugsort. Der Sandspielbereich unter den Kiefern wurde in einen Gräsergarten umgewidmet, das Apfelzimmer zur Hühnervoliere für die drei Seidenhühner Naomi, Coco und Chanel umgebaut, die jeden Abend bekuschelt werden. Auch auf Neuerungen in der Nachbarschaft wird reagiert. Als gleich gegenüber ein Grundstück bebaut wurde, pflanzte das Gartenarchitekten-Paar Spalier-Linden (Tilia europaea 'Pallida') als grünen Sichtschutz zur Straße, um im Kieshof, dem „Wohnzimmer des Gartens“, wieder Intimität zu schaffen. Selbst das Grundgerüst des Gartens ist nicht „fest zementiert“. Aus den ehemals drei Wald-Kiefern (Pinus sylvestris) sind zehn geworden, sodass sich die Lichtverhältnisse im Garten mittlerweile geändert haben. Aber stetiger Wandel ist ja auch die Philosophie dieses Gartens.

Impressionen